Bundeskriminalamt (BKA)

Navigation durch den Inhalt des Kapitels / Modules

Inhalt des Kapitels / Moduls

Radikalisierung ist zunächst ein neutraler Prozess. Radikaler Protest kann Ausgangspunkt sowohl für negative aber eben auch positive gesellschaftliche Entwicklungen sein. Die Bewertung einer Einstellung als „radikal“ ist entscheidend vom jeweiligen historischen gesellschaftlichen Zusammenhang abhängig. Was heute noch „radikal“ erscheinen mag, ist es möglicherweise morgen nicht mehr.

Dies wird besonders deutlich am historischen Beispiel der Suffragetten: Die so bezeichneten Aktivistinnen einer Frauenrechtsbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die äußerst streitbar und in der seinerzeitigen Bewertung „radikal“ für das Wahlrecht von Frauen eintraten, haben letztlich einen wesentlichen Beitrag geleistet, den unveräußerlichen Menschenrechten in unseren freiheitlich-demokratisch verfassten Grundordnungen Geltung zu verschaffen.

Bei der Bewertung „radikaler“ Protestbewegungen hinsichtlich ihres möglichen negativen oder positiven Einflusses auf die gesellschaftliche Entwicklung ist der oben erwähnte wertebezogene Bezugspunkt unserer Definitionen von Bedeutung. Spätestens dann, wenn der „radikale“ Protest auf eine Einschränkung des Geltungsbereichs der unveräußerlichen Menschenrechte oder des Toleranzgebots unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinwirkt, ist das Radikalisierungsgeschehen kritisch zu bewerten und sind Maßnahmen zu ergreifen, derartige Entwicklungen abzuwenden. Hierfür möchte das vorliegende Handbuch Handlungsorientierung bieten.

Bei der Definition des Extremismusbegriffs kommt dem Bezug zum oben skizzierten Wertehorizont der geltenden Gesellschaftsordnung zentrale Bedeutung zu. Unter Extremismus soll hier eine ideologisch – politisch und/oder religiös – begründete Fundamentalopposition im Sinne einer grundsätzlichen Ablehnung der in Deutschland herrschenden freiheitlich-demokratisch angelegten Gesellschaftsordnung verstanden werden, die den grundgesetzlich verankerten unveräußerlichen Menschenrechten und dem Toleranzgebot verpflichtet ist.7)

Terrorismus wird hier als Strategie verstanden, um die jeweils verfolgten politischen und/oder religiösen Ziele zu realisieren, wobei vor allem das Moment des organisierten, strategischen und fortgesetzten Einsatzes physischer Gewalt zu betonen ist: Terrorismus wird in der Intention eingesetzt, eine massive psychologische Wirkung auf das gesellschaftliche Umfeld auszuüben, um es so zu den angestrebten Änderungen zu bewegen. Die vorgestellten Arbeitsdefinitionen verdeutlichen, dass mit Radikalisierung, Extremismus und Terrorismus unterschiedliche soziale Phänomen bezeichnet sind, die nicht in einem unmittelbaren, prozesshaften Verhältnis zueinander stehen: Radikalisierung mündet nicht automatisch und zwangsläufig in Extremismus und in Folge zu Terrorismus.

Und „radikalisierte“ Personen können sich auch terroristischer Strategien und Aktionsformen bedienen, ohne extremistisch zu sein.8) Dies mahnt dazu, die jeweiligen entsprechenden Erscheinungen von Radikalisierung, Extremismus und Terrorismus genau zu analysieren, um entsprechende Präventionsmaßnahmen zu konzipieren und auf den Weg zu bringen.

Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul

Fussnoten

Literatur

KapitelAbschlussNavigation_Titel