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Inhalt des Kapitels / Moduls

Begriffe, theoretische Bezüge und praktische Implikationen

Obwohl sich dieses Handbuch vornehmlich an die anwendungsorientierte Praxis in den diversen gesellschaftlichen Handlungsfeldern richtet, wollen wir in Kapitel 1 zunächst einige für das Handlungsfeld der Extremismusprävention zentrale Begriffe einführen und einen theoretischen Rahmen abstecken, innerhalb dessen sich die Praxis der Extremismusprävention vollzieht – unabhängig davon, ob es den jeweiligen Praktikern bewusst ist, oder nicht. Hierbei ist das Verhältnis von Theorie und Praxis ausdrücklich nicht entsprechend einem weitläufig geteilten Verständnis als Widerspruch gesetzt:

Der hier gesetzte theoretische Bezugsrahmen strebt eine überblickartige Erfassung und Skizzierung der vielfältigen Rahmenbedingungen unseres praktischen Handelns in diesem komplexen Feld an. Es gilt, für die jeweils gegebenen handlungspraktischen Realitäten zu einer jeweils bestimmten Zeit – sowohl mit Blick auf ein individuelles als auch gesamtgesellschaftliches Radikalisierungsgeschehen – zu sensibilisieren. Ändern sich die Rahmenbedingungen und ändern sich die Phänomene, denen wir präventiv begegnen wollen, so ergeben sich andere handlungspraktische Erfordernisse und die Notwendigkeit der Anpassung bzw. Erweiterung unserer theoretischen Modelle.

In diesem Sinne ist Theorie hier nichts anderes als eine systematisch strukturierte Bündelung unserer praktischen Erfahrungen und damit ein geeignetes Werkzeug, Neueinsteigern im jeweiligen Praxisfeld eine erste Handlungsorientierung an die Hand zu geben: Worauf sollte ich achten, was ist unter welchen Umständen und zu welchem Zeitpunkt mehr oder weniger bedeutsam und damit mehr oder weniger prioritär handlungspraktisch anzugehen? Stets die Darstellung begleitend und schließlich das Kapitel abschließend sollen einige zentrale praktische Schlussfolgerungen für das hier gegenständliche Handlungsfeld herausgestellt werden.

Handlungsfeldrelevante Begriffe – Einordnung und Definitionen

In einem ersten Schritt soll zunächst eine erste inhaltliche Annäherung an die hier zentralen Begriffe erfolgen. Hierbei handelt es sich zum einen um die Einzelbegriffe der Komposition „Extremismusprävention“ und zum anderen um die Begriffe „Radikalisierung“ und „Terrorismus“, die im Zusammenhang mit dem Extremismusbegriff immer wieder auftauchen. Folgen wir der medialen Berichterstattung und den (sicherheits-)politischen Diskursen, scheinen die Phänomene, die mit diesen Begriffen belegt sind, eng miteinander verzahnt. Folgen wir jedoch der empirischen Forschung, scheinen wir mit Blick auf die Gestaltung der Präventionspraxis gut beraten, hier eine begrifflich-phänomenologische Abgrenzung vorzunehmen. Die bisweilen anzutreffende Gleichsetzung von Radikalisierung und Extremismus bzw. Terrorismus birgt ein hohes Risiko, eine ungeeignete Therapie bzw. Handlungspraxis auf den Weg zu bringen.

Betrachten wir zunächst den Begriff der Prävention, mit dem im Gegensatz zu den anderen Begriffen im Allgemeinen zunächst positive Assoziationen verknüpft sind: Prävention ist ein Oberbegriff, der im weitesten Sinne Maßnahmen umschreibt, die umgesetzt werden, um einen ungewünschten Zustand einer Person (etwa: Krankheit) oder Gesellschaft (hier: Extremismus) zu verhindern.

Je nach Handlungskontext werden zahlreiche Unterbegriffe differenziert, auf die in den jeweiligen (Unter-)Kapiteln näher eingegangen wird. Um den theoretischen Bezugsrahmen spannen und das Handlungsfeld der Extremismusprävention abstecken zu können, sind hier folgende grobe Binnendifferenzierungen hinreichend: Mit Blick auf den jeweiligen Interventionszeitpunkt präventiver Maßnahmen differenzieren wir zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention. Ist es beabsichtigt, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, bevor ein ungewünschter Zustand eingetreten ist, sprechen wir von Primärprävention. Im Arbeitsfeld der Sekundärprävention gilt es, im Falle eines bereits eingetretenen ungewünschten Zustandes eine weitere Verschlechterung zu verhindern, und die Tertiärprävention richtet ihr Augenmerk darauf, im Falle einer Zustandsstabilisierung bzw. -verbesserung eine erneute Verschlechterung bzw. einen Rückfall zu vermeiden. Differenzieren wir präventive Maßnahmen hinsichtlich der jeweiligen Zielgruppen, sprechen wir von universeller, selektiver und indizierter Prävention. Maßnahmen der universellen Prävention richten sich an die Gesamtbevölkerung, während die selektive Prävention auf bestimmte Bevölkerungs- bzw. Personengruppen fokussiert, die nach Kenntnislage ein höheres Risiko tragen, den ungewünschten Zustand zu entwickeln. Die indizierte Prävention ist auf Personen ausgerichtet, die den ungewünschten Zustand bereits entwickelt haben (ausführlich: Kap. 5.3). In diesem Handbuch wird die Extremismusprävention im Wesentlichen entlang der Differenzierung nach universeller, selektiver und indizierter Prävention aufgefächert (vgl. ausführlich Kap. 5). Ferner – und für den theoretischen Bezugsrahmen von einiger Relevanz – werden Präventionsmaßnahmen dahingehend unterschieden, ob sie am (individuellen) Verhalten von Personen (Verhaltensprävention) oder aber an den gesellschaftlichen Lebensverhältnissen (Verhältnisprävention) ansetzen, die Entwicklungen in Richtung eines ungewünschten Zustandes mehr oder weniger wahrscheinlich werden lassen bzw. begünstigen.

Wenn wir uns den Begriffen Radikalisierung, Extremismus und Terrorismus zuwenden, soll dies zunächst von allgemeinen Beobachtungen ausgehend geschehen. Die sich um diese Begriffe immer wieder entspinnenden öffentlichen – medialen und (sicherheits-) politischen – Debatten machen deutlich, wie politisch hoch geladen diese Begriffe sind. So sind hiermit keine Fachtermini angesprochen, die – wie etwa in den Naturwissenschaften – objektiv greifbare Größen bzw. Phänomene beschreiben. Es mangelt sowohl im internationalen wissenschaftlichen als auch im politischen Bereich an einer allgemein geteilten, einheitlichen Definition. Es finden sich gemäß einer Studie von Alex Schmid1) über 200 (sic!) mehr oder weniger stark abweichende Definitionen im wissenschaftlichen sowie institutionellen Gebrauch der verschiedenen, mit dem Phänomen in irgendeiner Weise befassten nationalen sowie internationalen Einrichtungen.

Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul

Fussnoten

Literatur

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