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Linksextremismus

von Armin Pfahl-Traughber

Der vorliegende Aufsatz beinhaltet eine komprimierte Darstellung und Einschätzung zum Linksextremismus in Deutschland. Da die Bezeichnung mitunter falsch verstanden wird, soll hier zunächst eine Definition erfolgen: Linksextremismus wird aus der Perspektive der politikwissenschaftlichen Extremismusforschung definiert als „Bezeichnung für alle linksterroristischen Auffassungen und Handlungen, die unter Berufung auf ein Mehr an sozialer Gleichheit die Grundlagen moderner Demokratie und offener Gesellschaft negieren“.1)

Es geht also nicht nur um die Kritik am Kapitalismus und auch nicht um jede Art von Forderung nach Sozialismus. So lange Demokratie, Gewaltenverteilung, Individualitätsprinzip, Menschenrechte, Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit akzeptiert werden, handelt es sich um legitime Auffassungen innerhalb einer offenen Gesellschaft.

Dieser Beitrag gliedert sich in drei Teile: Zunächst geht es um die Akteurinnen und Akteure, Symbole und Inhalte des Linksextremismus, danach um die Ziele und Motive und schließlich um die Aktionen mit dem Wirken nach innen und außen.

Bei diesen Ausführungen wird in den Fußnoten immer wieder auf weiterführende Literatur hingewiesen, wobei es sich meist nur um exemplarische Informationen zum Weiterlesen handelt. Derartige Angaben dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Forschungslage zum Linksextremismus insgesamt unterentwickelt ist. Es existieren nur wenige Einführungen oder Gesamtdarstellungen, die noch dazu meist veraltet sind.2) Gleiches gilt für Arbeiten zum kommunistischen Bereich des Linksextremismus, der seine Blüte in den 1970er- und 1980er-Jahren hatte.

Rote Armee Fraktion8)9)

Logo Rote Armee Fraktion Rote Armee Franktion

1970 gegründete linksterroristische Vereinigung, welche bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1998 34 Morde sowie zahlreiche Sprengstoffattentate und Banküberfälle in Deutschland beging. Selbsterklärtes Ziel war es, die kapitalistische Gesellschaftsordnung zu stürzen. Der sogenannte „Deutsche Herbst“ bezeichnet den Höhepunkt ihres Terrorismus im Jahr 1977.

Danach beschäftigten sich nur noch wenige Forscherinnen und Forscher mit den einschlägigen Organisationen. Zum Linksterrorismus liegen hingegen zahlreiche Veröffentlichungen vor, wobei sie sich meist nur auf die „Rote-Armee-Fraktion“, nicht aber auf die anderen Gruppen beziehen. Auch zu den Autonomen, die es als gewaltorientierte Subkultur immerhin seit Jahrzehnten gibt, existieren nur wenige Studien. Meist stammen sie von früheren Angehörigen oder Sympathisantinnen und Sympathisanten der Szene.

Akteure, Symbole, Inhalte

Die Akteure im Linksextremismus können nach ihrer primären Handlungsform unterschieden werden, wozu organisationspolitische, parteiorientierte, subkulturelle und terroristische Varianten gehören. Der letztgenannte Bereich ist Geschichte und bedarf daher hier keiner größeren Aufmerksamkeit.

Es mögen folgende allgemeine Aus-führungen genügen: Seit Ende der 1960er-Jahre entstanden unterschiedliche linksterroristische Gruppierungen, die mit Anschlägen und Attentaten auf sich aufmerksam machten. Dazu gehörten heute nahezu vergessene Gruppierungen wie die „Antiimperialistischen Zellen“, das „Sozialistische Patientenkollektiv“ oder die „Tupamaros Westberlin“, aber auch bedeutsamere, wie die „Bewegung 2. Juni“, die „Revolutionären Zellen“ oder die „Rote-Armee-Fraktion“.

Da die hier Gemeinten seit Ende der 1990er-Jahre nicht mehr bestehen, kann auch für die Gegenwart nicht von einem existenten Linksterrorismus die Rede sein (auch wenn manche der damaligen Gruppenmitglieder weiterhin frei und unerkannt sind).

Antiimperialistische Zellen3)

Linke terroristische Gruppe in Deutschland, welche in den 1990er-Jahren aktiv war und sich selbst als Nachfolger der RAF sah. Insgesamt bestand die Gruppe personell nur aus zwei Aktivisten; einer war Bernhard Falk, der während seiner Haftzeit zum Islam konvertierte und Salafist wurde.

Sozialistisches Patientenkollektiv4)

Ziel des 1970 gegründeten linksterroristischen „Sozialistischen Patientenkollektiv“ war die Überzeugung, dass psychische Erkrankungen durch die kapitalistische Gesellschaft bedingt seien.

Tupamaros Westberlin5)

Eine in den späten 1960er-Jahren kurzzeitig aktive linksterroristische Gruppe, welche in ihrem Wirken Aktionsformen der lateinamerikanischen Stadtguerilla aufgriff.

Bewegung 2. Juni6)

Der Name der linksterroristischen Gruppe bezieht sich auf den Todestag von Benno Ohnesorg. Am 2. Juni 1967 fand eine Demonstration gegen den persischen Shah Reza Pahlevi in Berlin statt. Während der Demonstration wurde der Student Benno Ohnesorg durch einen Polizeibeamten erschossen. Nach diversen Anschlägen, die sich an Praktiken der RAF orientierten, löste sich die Gruppierung 1980 auf.

Revolutionäre Zellen7)

Eigenständige linksterroristische Kleingruppen, die zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren aktiv war. Spezifische Merkmale bei der Vorgehensweise und der Organisationsform: Die Aktivisten lebten nicht im Untergrund, dafür in einer bürgerlichen Scheinwelt. Sie galten als „Feierabendterroristen“, da sie vor oder nach ihrer beruflichen Tätigkeit die Anschläge planten. Die kleineren Gruppen „Zellen“ waren in unterschiedlichen Orten in der Bundesrepublik Deutschland netzwerkartig verbunden und fungierten ohne zentrale Steuerung.

Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul

Fussnoten

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