Bundeskriminalamt (BKA)

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Sie planen, unterstützen oder fördern ein Angebot zur Extremismusprävention? Und Sie fragen sich, wie Sie herausfinden können, was es bringt und wie gut es funktioniert? Dann sollten Sie über eine Evaluation Ihres Vorhabens nachdenken. In diesem Kapitel erfahren Sie, was Sie dazu wissen müssen und bedenken sollten.

Bedarfe und Zwecke von Evaluation

Evaluation? Wozu?

Wo sind Bedarfe an Evaluation auszumachen und was haben Auftraggeber, Präventionsträger, haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende, potenzielle Kooperationspartner und Adressaten und Adressatinnen sowie ggf. deren Angehörige und befreundete Personen davon?

Bedarfe an Evaluation (begrifflich abgeleitet aus dem Lateinischen: valere = stark sein, etwas wert sein, Geltung beanspruchen können) liegen grundsätzlich immer dann vor, wenn Interesse an der Aus- und Bewertung der Arbeit von Organisationen, der Funktionen von Produkt(teil)en und insbesondere auch von bestimmten Handlungspraxen und den damit zusammenhängenden Sachverhalten besteht. Sie sind insbesondere dann stark vorhanden, wenn Evaluationsgegenstände wie die genannten innovativen Charakter haben, (oft auch deshalb) bislang nur unzureichend untersucht wurden und optimiert werden sollen. Zudem werden sie dort aufgeworfen, wo Entscheidungen über ihre Ein- bzw. Weiterführung und ihre Verbreitung bzw. ihren Ausbau anstehen und Verantwortliche sich dabei in der Pflicht sehen, Rechenschaft darüber abzulegen. Evaluation kann allerdings auch dann sinnvoll sein, wenn es um langjährig erprobte, vermeintlich oder tatsächlich bewährte Ansätze geht. Je länger eine Maßnahme zum eigenen Repertoire gehört, desto weniger gelingt es möglicherweise, selbst Verbesserungspotenziale zu entdecken. Auch das Phänomen, dem die Maßnahme entgegenwirken soll, könnte sich zwischenzeitlich derart verändert haben, dass selbst die beste Prävention angepasst werden muss. Bei der Evaluation geht es nicht darum, ein Angebot einmalig zu testen und für mehr oder weniger gut zu befinden – sie ist eine Daueraufgabe.

Auf den Gebieten der Extremismusprävention sind Bedarfe an Evaluation zumeist nicht nur vereinzelt und isoliert voneinander, sondern gleich in vielfältiger Kombination gegeben. Dies gilt umso mehr, als extremistische Tendenzen unterschiedlicher Herkunft und Kontur sich weltweit, aber auch national in Deutschland bedrohlich ausbreiten, die Prinzipien und Strukturen demokratischen Zusammenlebens angreifen, ihre Erscheinungsweisen sowie ihre Strategien zunehmend rasch an neue Gegebenheiten anpassen und dabei in hohem Maße die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit, Medien und Politik auf sich ziehen. Sie bilden damit unübersehbare Herausforderungen, denen im Interesse des Erhalts von Demokratie, wechselseitigem Respekt und Gewaltferne dringlich mit erfolgversprechenden, aktualitätsbezogenen und daher nahezu zwangsläufig auch kontinuierlich neu auszurichtenden Vorgehensweisen zu begegnen ist. Daher propagiert die Bundesregierung auch die Evaluation von extremismuspräventiven Angeboten, um insbesondere deren „Qualitätssicherung, Nachhaltigkeit und Weiterentwicklung“ zu gewährleisten.1) Sie will daher „Evaluation und Qualitätssicherung weiter voranbringen“ und „ihre Forschungsförderung auf diesen Gebieten weiter verstärken“.2) Und das Bundesinnenministerium ergänzt im „Nationalen Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus“: „Zudem wird die Bundesregierung die praxisorientierte Forschung zur Weiterentwicklung der präventiv-pädagogischen Arbeit sowie zu Ansätzen der Ausstieges- [sic!] und Distanzierungsarbeit fördern“.3) Ein entsprechender Forschungsaufruf ist in der zweiten Julihälfte 2018 ergangen, bewilligte Projekte – nicht alle im engeren Sinne evaluativ ausgerichtet – sind im März 2019 gestartet.

Wenn also damit der Bedarf an Evaluationen, insbesondere für Programme, Projekte und Einzelmaßnahmen, die sich auf (relatives) Neuland begeben, geradezu auf der Hand liegt und als unbestritten gelten kann, so werden doch die Zwecke, die im Einzelnen mit Evaluationen verfolgt werden sollen, standort- und perspektiveabhängig meist sehr unterschiedlich gesehen: 

Evaluation – Wer hat welche Interessen?

Ex ante / Ex post

Die „Ex ante Evaluation“ ist eine Evaluation, die bereits vor der Durchführung eines wie auch immer gearteten Angebots durchgeführt wird, beispielsweise um zu erheben, ob das Angebot zum Bedarf passt, es finanziell durchführbar ist und die angestrebte Wirkung zu erwarten ist.

Die „Ex post Evaluation“ ist eine nachträgliche Evaluation, die nach der Durchführung eines wie auch immer gearteten Angebots oder nach Ablauf einer Projektphase, beispielsweise der Pilotphase, stattfindet. Dadurch können Entscheidungen über die weitere Unterstützung bzw. Förderung von Angeboten oder auch über deren Ausbau oder Einstampfen getroffen und legitimiert werden.

Für politisch Verantwortliche, Auftraggeber und Finanziers steht meist im Vordergrund, entweder ex ante (also vor der Durchführung eines Programms, eines Projekts oder einer einzelnen Maßnahme) evaluativ abzuklären, ob das Angebot zum Bedarf passt, durchführbar ist und die angestrebte Wirkung zu erwarten ist. Oder es geht ihnen darum – dies faktisch weitaus häufiger –, ex post (etwa nach Ablauf einer Pilotphase) nachvollziehbare Entscheidungen über die weitere Unterstützung bzw. Förderung von Angeboten oder auch über deren Ausbau oder Beendigung zu treffen und dies legitimieren zu können. Die wissenschaftliche Evaluation kann also für den Träger auch ein strategisches Instrument sein: Er kann auf das scheinbar neutrale Urteil der Wissenschaft verweisen und damit möglicher Kritik den Wind aus den Segeln nehmen. Falls hier Fragen der Mittelgewährung und des Ressourceneinsatzes sowie deren Rechtfertigung im Mittelpunkt stehen, ist das vornehmliche Interesse dann darauf gerichtet, ob und wie weit welche Wirkungen in welchem Ausmaß zu erzielen sind. Entsprechend stark konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf das (hier primär monetär-ökonomisch verstandene) Kosten-Nutzen-Verhältnis. Wie und warum Wirkungen zustande kommen (oder wieso ggf. auch nicht), erscheint demgegenüber ebenso zweitrangig wie eine Auseinandersetzung darüber, ob und wie (ökonomisch gefasste) Kosten und sozialer sowie politischer Nutzen überhaupt berechenbar sind.

Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul

Fussnoten

Literatur