Bundeskriminalamt (BKA)

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Prävention konkret – so arbeitet Extremismusprävention

Um die Präventionsarbeit zielgruppenorientiert gestalten zu können, ist es notwendig, viele Aspekte aufeinander abzustimmen. Dies erfolgt beispielsweise durch Berücksichtigung des Zeitpunkts im Radikalisierungsverlauf sowie über das gewählte Arbeitsformat. Die wohl bekanntesten Formate dürften hierbei eine klassische Beratungsstelle oder eine Broschüre sein.

Beratungsleistungen, egal ob im Rahmen einer lokalen Beratungsstelle oder in Form eines mobilen Beratungsdienstes, sind zentraler Bestandteil von fast der Hälfte aller Angebote (46 %). Neben den sog. Aussteigerprogrammen – auch: Ausstiegs- bzw. Distanzierungsbegleitung – (6 %), richten sie sich zunehmend auch an die Opfer extremistischer Gewalt (7 %).

Neben einer Vielzahl informatorischer Online- und Offline-Angebote (27 %), wie beispielsweise Broschüren, Handbücher oder Websites, existieren mittlerweile auch interaktive, online-basierte Angebote (z. B. Beratungsleistungen, Schulungen oder Online-Sozialarbeit). Auch wenn deren relativer Anteil mit 4 % derzeit noch recht gering ist, zeichnet sich hier jedoch insgesamt eine steigende Tendenz ab (zu sinnvollen Ausgestaltungsmöglichkeiten siehe Kapitel 3.4).

Schon gewusst?20)

Forscher sind sich immer noch uneinig, ob religiöse Erziehung einen Risiko- oder Schutzfaktor im Zusammenhang mit islamistischer Radikalisierung darstellt.

Der Ansatz, auf den nach wie vor allerdings am stärksten gesetzt wird, lässt sich unter der Rubrik „Aus-/Fort- und Weiterbildung“ fassen: Rund die Hälfte (48 %) aller Maßnahmen beinhaltet Angebote dieser Form. Konkret handelt es sich hierbei vor allem um Angebote zur Kompetenzerweiterung, wie z. B. Fachvorträge, Multiplikatorenschulungen oder Workshops für Fachpersonal sowie Mitarbeitertrainings von Organisationen oder Vereinen im Umgang mit auffälligen Kolleginnen und Kollegen und/oder schwieriger Klientel. Aus-/Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen richten sich fast ausnahmslos an Fachpersonal, das im Anschluss in Eigenverantwortung das Wissen an z. B. Jugendlichen anwendet. In der direkten Arbeit mit Jugendlichen hingegen findet Aufklärung vornehmlich im Rahmen von Workshops und Projektwochen/-tagen statt. Eine Ausnahme bildet hier die Ausbildung zur Peer-Beratung (Gleichaltrige helfen sich gegenseitig; z. B. Konfliktlotsen an Schulen), die sich an Jugendliche richtet. Hierbei wird zunächst der direkte präventive Effekt bei den Jugendlichen selbst angestrebt, der dann um die Ausbildung und indirekte Weitergabe des Wissens an Gleichaltrige erweitert wird.

Im Kindesalter spielen problemorientierte Aufklärung und Sensibilisierung noch keine Rolle. In dieser Altersstufe wird in erster Linie mit klassisch universell-präventiven Ansätzen gearbeitet und Schutzfaktoren werden gestärkt. Neben den sonst üblichen einer Straffälligkeit vorbeugenden Schutzfaktoren zählen hierbei in besonderem Maße die Förderung von Toleranz, Demokratie und politscher Teilhabe.

Da Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für gewöhnlich entlang eines thematischen Schwerpunkts entwickelt werden (etwa: Umgang mit sich radikalisierenden Jugendlichen; Unterschied zwischen Islam und Islamismus), richten sie sich in der Regel auch an mehrere Zielgruppen. Die am häufigsten adressierte Gruppe lässt sich unter dem Dachbegriff des haupt- bzw. ehrenamtlich tätigen Fachpersonals zusammenfassen, wobei damit vorrangig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Erziehung, Bildung und außerschulischer Jugendarbeit gemeint sind (73 %). Weiterhin richten sich in der Gruppe des Fachpersonals Aus- und Fortbildungen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der kommunalen Verwaltung (32 %), Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden (31 %) religiösen Gemeinschaften (27 %), Sportverbänden und -vereinen (24 %) sowie Sicherheits- und Justizbehörden (19 %). Solche Maßnahmen haben das Ziel, Teilnehmerinnen und Teilnehmern beizubringen, kritische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können. So können sie beispielsweise sich radikalisierende Betroffene schneller identifizieren und geeigneten Angeboten zuführen. Des Weiteren wird auf den Multiplikatoreneffekt abgezielt, durch den das Wissen über zentrale Schlüsselpersonen weitergegeben werden kann. Dennoch sind Effizienz und Effektivität einzelner Schulungsmaßnahmen derzeit kaum abschätzbar, da unklar bleibt, wie Teilnehmerinnen und Teilnehmer schließlich mit den neu gewonnenen Erkenntnissen im Arbeitsalltag umgehen. Welches präventive Potenzial Schulungsmaßnahmen tatsächlich entfalten, ist daher letzten Endes kaum nachvollziehbar. Wie bereits 2017 gefordert, ist weitergehende Forschung in diesem Bereich dringend angebracht, um dieses wichtige Standbein der Extremismusprävention besser bewerten, optimieren und stärken zu können.21)

Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul

Fussnoten

Literatur

Quellen