Bundeskriminalamt (BKA)

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Prävention im Vergleich – Profile unterschiedlicher Arbeitsfelder

Die Rechtsextremismusprävention blickt in Deutschland mittlerweile auf eine lange Tradition zurück. Ausgehend von fremdenfeindlichen Ausschreitungen wie 1991 in Hoyerswerda22) haben sich seit den 1990er-Jahren feste Strukturen, Netzwerke und Angebote etabliert, die in erster Linie auf die Zielgruppe von Jugendlichen und (jungen) Erwachsenen abzielen. Dennoch wendet sich ein beachtlicher Anteil auch an Kinder im Grundschulalter (21 %). Egal, ob man selbst betroffen ist, ratsuchend aus familiären Gründen oder da man zum sozialen Umfeld eines oder einer Betroffenen gehört, Mitarbeiterin oder Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung ist, Mitglied in einem Verein, Fachpersonal aus Erziehung und Bildung, angestellt bei Sicherheitsbehörden oder Justizvollzugsanstalten oder Opfer rechter Straftaten wurde – alle finden eine breite Auswahl an zielgruppengerichteten Angeboten. Und dort, wo der Weg zur nächsten Beratungsstelle zu weit ist, besteht in der Regel die Möglichkeit, auf mobile sowie internetgebundene Angebote zurückzugreifen. Als ein Charakteristikum der Rechtsextremismusprävention kann der durchaus klare Zuschnitt, den die unterschiedlichen Angebote aufweisen, gesehen werden.

Mehr als die Hälfte rechtspräventiver Angebote (56 %) lässt sich relativ eindeutig einem der Präventionsfelder universell, selektiv oder indiziert zuordnen. Bei knapp einem Fünftel der Angebote (19 %) handelt es sich um sog. „Schwellenangebote“,23) also solche, die an der Grenze von universeller und selektiver bzw. selektiver und indizierter Prävention arbeiten. Nur etwa jedes vierte Angebot (24 %) bedient hingegen die ganze Bandbreite aller Präventionsfelder. Hierbei handelt es sich in erster Linie um institutionelle Netzwerke, wie beispielsweise Beratungsnetzwerke, die Angebote in unterschiedlichen Präventionsfeldern koordinieren, um ein breites themenbezogenes oder lokal angepasstes Angebot sicherzustellen Die zentralen Schwerpunkte innerhalb der Rechtsextremismusprävention lassen sich mit den Schlagworten Beratung, Vernetzung und Fortbildung zusammenfassen. Hierbei wird viel Energie in universelle Prävention gesetzt, wodurch deutlich wird, dass nicht nur an den „kritischen Auswüchsen“, sondern auch an den Wurzeln des Problems gearbeitet wird.

Eine nicht wegzudenkende Säule der Rechtsextremismusprävention sind die bundesweiten und mittlerweile in nahezu jedem Bundesland existenten eigenen Ausstiegs- und Distanzierungsberatungsstellen, die sich im Rahmen des XENOS24) -Sonderförderprogramms „Ausstieg zum Einstieg“ (2009-2014) noch stärker untereinander vernetzt und als Bundesarbeitsgemeinschaft organisiert haben. Seit 2014 agiert die Bundesarbeitsgemeinschaft „Ausstieg zum Einstieg“ als eingetragener Verein und hat sich im Laufe der Zeit zu einem bedeutenden Dachverband und wichtigen Partner innerhalb der Prävention entwickelt. Ziele der Bundesarbeitsgemeinschaft sind neben einem generellen Austausch zur Thematik auch das Setzen und Weiterentwickeln von Qualitätsstandards.

Aber nicht nur (potenzielle) Rechtsextremisten stehen im Fokus präventiver Bemühungen. Auch die Opfer rechtspolitischer Straftaten oder Diskriminierung sind in den vergangenen Jahren verstärkt ins Blickfeld gerückt – 7 % der Angebote widmen sich heutzutage den Belangen von Opfern rechter Gewalt mit dem Ziel, diese zu beraten, zu begleiten und zu stärken.

Insgesamt kann die Rechtsextremismusprävention als solide gewachsener, professioneller Bereich der Extremismusprävention beschrieben werden, dessen Wirksamkeit letztlich nur durch eine grundlegende, breit gefasste wissenschaftliche Begleitforschung (Evaluation) eingeschätzt werden kann. Hierbei bleibt zu berücksichtigen, dass es grundsätzlich schwierig ist, abzuschätzen, was geschehen wäre, wenn keine präventiven Maßnahmen oder Einflussnahmen stattgefunden hätten. Blickt man also beispielsweise auf die Zeit der sog. Flüchtlingskrise von 2015/2016, so stellt sich die Frage, ob rechtspopulistische und rechtsextreme Denkweisen und Handlungen ohne die angestrengten Präventionsbemühungen gleichermaßen oder gar noch stärker ausgefallen wären. Fragen wie diese lassen sich daher kaum zufriedenstellend beantworten.

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Fussnoten

Literatur

Quellen