Bundeskriminalamt (BKA)

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Das Projekt Streitkultur 3.0 begegnet diesen Herausforderungen mit einem zweistufigen Prozess. In einer ersten Phase wurden Jugendlichen Räume und Möglichkeiten geboten, um sich kritisch mit demokratie- und menschenfeindlichen Informations- und Meinungsbildungsangeboten im Netz auseinanderzusetzen und anhand konkreter Beispiele aus der Praxis insbesondere das Gefahrenpotenzial hinsichtlich einer Manipulation von Meinungen zu diskutieren. In Kleingruppen arbeiteten sich Jugendliche dafür in Themengebiete ein und setzten sich mit den Einflüssen spezifischer Netzphänomene auseinander. Im Rahmen von Workshops wurden dabei folgende konkrete Themengebiete bearbeitet und gemeinsam zentrale Inhalte sowie geeignete didaktische Methoden für Dialoglabore erarbeitet:

  • Fake oder Fakt: Zum kritischen Umgang mit Informations- und Meinungsbildungsangeboten 
  • Hass und Hetze: Angebote gegen Menschenverachtung, Ausgrenzung und Gewalt
  • Bots und Algorithmen: Leitfaden für Multiperspektivität statt Meinungsmache
  • Kritische Medienkompetenz: Beiträge zu einer digitalen Ethik
  • Engagement im Internet: Gewaltfreiheit und Demokratie stärken.

In einem partizipativen Prozess wurden bereits Lernmedien wie zum Beispiel eine App, Trick- und Erklärfilme, Lernmodule und Leitfäden entwickelt. Durch aktive Einbindung und Teilhabe wurden nicht nur die Bedürfnisse der Zielgruppe in den Mittelpunkt der initiierten Lernprozesse gestellt, sondern auch eine hohe Akzeptanz seitens der beteiligten Jugendlichen erreicht. Das Projekt stellt damit eine bewusste Umkehr des allzu oft bevorzugten und belehrenden top-down Ansatzes dar. Es befähigt stattdessen junge Menschen und im weiteren Sinne die Zivilgesellschaft, mit anderen in Kontakt zu treten, die nach Antworten auf wichtige Lebensfragen suchen und möglicherweise anfällig für extremistische Radikalisierung und Rekrutierung sind.

Die Formate für Dialoglabore und die Lernmedien werden – auch nach Abschluss des Modellprojektes – über die Internetplattform https://www.frieden-fragen.de/ und in Fortbildungsveranstaltungen verfügbar bleiben. Dadurch können sie von qualifizierten Jugendlichen und Lehrkräften im Schulunterricht und der außerschulischen Jugendarbeit eingesetzt werden, über das Modellprojekt hinaus zur Verbesserung der kritischen und reflektierten Mediennutzung von Jugendlichen beitragen und dadurch letzteren ermöglichen, sich auf Dauer zivilgesellschaftlich im Netz zu engagieren und Beiträge zu einer offenen, demokratischen Diskussionskultur in sozialen Medien zu leisten.

Ein anderes Vorhaben, das wir hier vorstellen wollen, zielt auf Prävention in den Ursprungsregionen islamistischer Radikalisierung, deren Wirkungen heute bis nach Europa reichen. Präventionsarbeit, die in Deutschland Wirkung entfalten soll, darf sich folglich nicht allein auf Deutschland oder Europa beschränken. So wie Terrorismus zu einem globalen Phänomen geworden ist, so muss auch Prävention als globale Aufgabe aufgefasst und verfolgt werden.

Sunnitischer Dialog im Libanon

In Deutschland wurden bereits Anfang der 2000er-Jahre erste Initiativen ins Leben gerufen, die sich mit unterschiedlichen Ausdrucksformen des religiösen Extremismus beschäftigten.7) Im Zuge der wachsenden Bewegung von gewaltbereiten Salafistinnen und Salafisten und wiederholten Anschlägen von islamistisch Radikalisierten in Europa, haben sich Projekte zur Prävention islamistischer Radikalisierung zu einem bedeutenden Handlungsfeld in der deutschen Präventionslandschaft entwickelt. Aus säkularen Überzeugungen heraus und unter der Annahme, dass Radikalisierungsprozesse in erster Linie psychopathologischer Natur seien und ihre Ursprünge in sozialen Deprivationsprozessen und struktureller Gewalt haben, wurden Religion und religiöse Akteurinnen und Akteure in der Präventionspraxis jedoch lange vernachlässigt oder gar gänzlich von ihr ausgeschlossen. Statt auf theologische haben sich Präventions- und Deradikalisierungsprogramme lange auf psychologische bzw. sozialpädagogische Ansätze beschränkt.8)

Erfahrungen aus der Praxis haben allerdings gezeigt, dass religiöse Autoritäten und Verbände insbesondere auf lokaler Ebene einen positiven Beitrag zur Extremismusprävention leisten können und deren Einbezug in ein ganzheitliches Präventionskonzept insofern eine Berechtigung hat. Das vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland und dem Instrument Contributing to Stability and Peace (IcSP) der Europäischen Union geförderte und von der Berghof Foundation verwirklichte Projekt eines Sunnitischen Dialoges im Libanon ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Obwohl in einem entfernten geografischen und kulturellen Umfeld umgesetzt, liefert das Projekt wichtige Erkenntnisse in Bezug auf den Beitrag präventiver Ansätze im muslimischen Kontext auch für die Präventionsarbeit hierzulande. Es veranschaulicht am konkreten Beispiel, welche Rolle religiöse Organisationen und Akteurinnen und Akteure in der Prävention von Radikalisierung und Extremismus spielen können.

Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul

Fussnoten

Literatur

Quellen