Bundeskriminalamt (BKA)

Navigation durch den Inhalt des Kapitels / Modules

Inhalt des Kapitels / Moduls

Prävention durch Strafrecht1)

Die als gesichert geltende Annahme, dass Strafrecht präventive Wirkung entfalten, also die Begehung von Straftaten verhindern kann, lässt sich aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Der erste Blick gilt der Wirkung von strafrechtlichen Verurteilungen auf den Einzelnen, aber auch auf die Allgemeinheit, und damit der Rechtsanwendung durch die Strafgerichte. Der zweite Blick richtet sich auf die Entwicklung der strafrechtlichen Gesetzgebung, die insbesondere im Bereich des Terrorismusstrafrechts durch eine kontinuierliche Vorverlagerung der Strafbarkeit mit dem Ziel der Prävention gekennzeichnet ist.

Prävention als Strafzweck bei der Strafzumessung

Die Frage, inwieweit präventive Erwägungen bei der konkreten Strafzumessung in einem Urteil berücksichtigt werden können, führt zunächst zu den auf der rechtsphilosophischen Ebene diskutierten Straftheorien.

Die Straftheorien

Die Straftheorien2) betreffen den Zweck von Strafe. Der rechtsphilosophische Streit hierüber wurde insbesondere seit der Aufklärung mit dem Aufkommen der absoluten und relativen Theorien ausgetragen. Die heute fast allgemein anerkannten Vereinigungstheorien versuchen, die verschiedenen Ansätze – teilweise mit unterschiedlicher Gewichtung – zu verbinden.

Die absolute Straftheorie versteht den Strafzweck losgelöst von einer gesellschaftlichen Zielverfolgung als Reaktion auf die konkrete Straftat. Strafe ist die Vergeltung einer schuldhaft begangenen Tat, Genugtuung für die Schädigung der Rechtsordnung und dient der Wiederherstellung der Gerechtigkeit durch schuldausgleich und Sühne, aber keinen Nützlichkeitszwecken.3) Das bereits in der Antike und in der älteren christlichen Ethik vertretene Vergeltungsprinzip („Auge um Auge, Zahn um Zahn“) wurde in der deutschen Rechtstradition wesentlich geprägt durch Immanuel Kant (1724-1804) und Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831). Für Kant ist das Strafgesetz ein kategorischer Imperativ, das heißt ein von allen Zweck-Erwägungen losgelöstes Gebot der Gerechtigkeit.4) Nach dem Ansatz von Hegel ist das Verbrechen Negation des Rechts und die hierauf verhängte Strafe ist die Negation dieser Negation.5)

Demgegenüber setzen die relativen Straftheorien die gegen den einzelnen Straftäter zu verhängende Strafe in Relation zu den Zielen der Gesellschaft. Strafe hat danach den Zweck der Prävention, also der Verhinderung neuer Straftaten. Nach dem Modell der Spezialprävention soll dies durch Einwirkung auf den Täter selbst erreicht werden. Die Idee der Generalprävention will dagegen durch Einwirkung auf die Allgemeinheit mögliche andere Täter von Straftaten abhalten.

Der vor allem von Franz von Liszt (1851-1919) entwickelte Ansatz der Spezialprävention unterscheidet weiter zwischen den Strafzwecken der Abschreckung des Täters von weiteren Taten und seiner „Unschädlichmachung“ durch Verwahrung (negative Spezialprävention) sowie dem Strafzweck der Besserung des Täters im Hinblick auf seine Resozialisierung (positive Spezialprävention). Auch die Generalprävention wird im Wesentlichen in zwei Varianten vertreten. Eine negative Generalprävention zielt darauf, durch harte Bestrafung des Täters andere abzuschrecken, ebenfalls Straftaten zu begehen.6) Sie findet sich vor allem bei Paul Johann Anselm von Feuerbach (1775-1833) und gründet auf der Überlegung, dass der potenzielle Straftäter zum Verbrechen hin dränge und ihm die Androhung von Strafe so viel Unlustgefühl vermittele, dass die der Begehung entgegenwirkenden Motive das Übergewicht erlangen und ihn so zur Unterlassung der Tat bewegen könnten.7) Die positive Generalprävention verfolgt mit der Strafe das Ziel, die Rechtstreue der Bevölkerung zu bestärken und die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung zu beweisen. Nach dieser historisch jüngsten Theorie, die auf sozialpsychologische Erkenntnisse von Sigmund Freud (1856-1939)8) zurückgreift und maßgeblich durch Günther Jakobs (geb. 1937) beeinflusst wird, erfolgt Prävention nicht primär durch Abschreckung, sondern durch die Einübung von Rechtstreue. Sie basiert wesentlich auf der Annahme, dass der Bürger Vertrauen in das Recht hat, wenn er sieht, dass es durchgesetzt wird; die Bestrafung des Täters dient der Befriedung und der Stabilisierung von Normerwartungen.9)

Die heute herrschenden Vereinigungstheorien erkennen, wenn auch mit verschieden gesetzten Schwerpunkten, sämtliche Strafzwecke der absoluten und relativen Theorien an und versuchen, diese zu einem ausgewogenen Verhältnis zu verbinden. Wenn es um die Verhinderung von Straftaten geht, stehen Spezial- und Generalprävention nebeneinander.10) Das Strafgesetzbuch ist nicht auf eine Strafzwecktheorie festgelegt, sondern geht selbst von einer Vereinigungstheorie aus.11) Während in § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB die Schuld als grundlegender Bemessungsfaktor für die Strafe genannt wird, was dem Vergeltungsgedanken entspricht, enthält § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB spezialpräventive Kriterien, indem im Rahmen der Strafzumessung auch die Wirkungen der Strafe für das künftige Leben des Täters zu berücksichtigen sind. Die positive spezialpräventive Zielsetzung wird im Resozialisierungsgedanken der Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB) deutlich. Umgekehrt kann eine ungünstige Sozialprognose der Strafaussetzung zur Bewährung entgegenstehen, was den Strafzweck der negativen Spezialprävention zum Ausdruck bringt. Das Ziel der Generalprävention wird etwa in der Formulierung „zur Verteidigung der Rechtsordnung“ als Voraussetzung für die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen (§ 47 Abs. 1 StGB) oder für die Nichtaussetzung zur Bewährung (§ 56 Abs. 3 StGB) aufgegriffen. Der Präventionszweck kommt ferner in zahlreichen materiellen Straftatbeständen zur Umsetzung.

Die Position der höchstgerichtlichen Rechtsprechung

Für die Rechtspraxis entscheidend ist die Position der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, die sich jedenfalls im Ergebnis den Vereinigungstheorien angeschlossen hat.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit Sinn und Zweck staatlichen Strafens befasst, von Verfassungs wegen aber keine Veranlassung gesehen, den Theorienstreit zu entscheiden. Die im Strafgesetzbuch zugrunde gelegte Vereinigungstheorie halte sich aber jedenfalls im Rahmen der dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsfreiheit, einzelne Strafzwecke anzuerkennen, sie gegeneinander abzuwägen und miteinander abzustimmen.12) Das Gericht hat einerseits in Anlehnung an die absolute Theorie stets den Sühnegedanken hervorgehoben. Der Zweck der Freiheitsstrafe bestehe dementsprechend vornehmlich in einer repressiven Übelszufügung als Reaktion auf schuldhaftes Verhalten, welche – jenseits anderer denkbarer zusätzlicher Strafzwecke, die die Verfassung nicht ausschließe – dem Schuldausgleich diene.13)Strafe sei Ausdruck vergeltender Gerechtigkeit und damit Reaktion auf ein normwidriges Verhalten.14) In dieser Wertung findet sich der Hegel‘sche Ansatz wieder. Andererseits hat das Gericht spezial- und generalpräventive Strafzwecke hervorgehoben. Strafe diene dem Rechtsgüterschutz und oberstes Ziel des Strafens sei es, die Gesellschaft vor sozialschädlichem Verhalten zu bewahren und die elementaren Werte des Gemeinschaftslebens zu schützen, wobei im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung immer der Wert des verletzten Rechtsguts und das Maß der Sozialschädlichkeit der Verletzungshandlung zu berücksichtigen seien.15) Es gehöre zu den Aufgaben der Strafe, das Recht gegenüber dem vom Täter begangenen Unrecht durchzusetzen, um die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung vor der Rechtsgemeinschaft zu erweisen und so die Rechtstreue der Bevölkerung zu stärken.16) Dies greift die Argumentation der Lehre von der positiven Generalprävention auf. Zusammengefasst erkennt das Bundesverfassungsgericht die Strafzwecke des Schuldausgleichs, der Prävention, der Resozialisierung des Täters, der Sühne und der Vergeltung für begangenes Unrecht als Aspekte einer angemessenen Strafsanktion an.17)

Ähnlich wie das Bundesverfassungsgericht sieht der Bundesgerichtshof den Schutz von Rechtsgütern als Aufgabe der Strafrechtspflege. Durch Angriffe auf die Rechtsgüter werde der Rechtsfriede gestört.18) Dies knüpft an die Grunderwägungen der Theorie von der positiven Generalprävention an. Auch der Bundesgerichtshof folgt in ständiger Rechtsprechung einer Vereinigungstheorie, wobei er – ähnlich dem früheren Begriff der Sühne – als vorrangigen Strafzweck den gerechten Schuldausgleich ansieht.19) Eine konkret verhängte Strafe darf sich danach weder nach oben noch nach unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein, und zudem nicht gegen rechtlich anerkannte (sonstige) Strafzwecke verstoßen.20) Zu diesen gehören auch Erwägungen der Generalprävention und der Spezialprävention.21)

Das Verhältnis der verschiedenen anerkannten Strafzwecke zueinander versucht der Bundesgerichtshof mit der sogenannten „Spielraumtheorie“ zu lösen, der zufolge die Ziele der General- und Spezialprävention nur im Rahmen der schuldangemessenen Strafe berücksichtigt werden dürfen.22) Zugleich aber hat die Strafe nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht die Aufgabe, Schuldausgleich als Selbstzweck zu üben, sondern ist nur gerechtfertigt, wenn sie sich zugleich als notwendiges Mittel zur Erfüllung der präventiven Schutzaufgabe des Strafrechts erweist.23) Der Vorrang des Schuldausgleichs müsse gewahrt bleiben, sodass nicht aus präventiven Gründen eine nicht mehr schuldangemessene Strafe verhängt werden dürfe.24) Innerhalb des Spielraums, in dem eine Strafe noch schuldangemessen sei, könne das Gericht den präventiven Strafzwecken der Generalprävention und der Spezialprävention Raum geben und die Strafe mildern oder schärfen.25) Hierin kommt zum Ausdruck, dass wegen des zwingenden Gebots auf Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) der einzelne Täter niemals durch die Strafe über den gerechten Schuldausgleich hinaus zum reinen Objekt gesellschaftlicher Ziele degradiert werden darf, um an ihm ein „Exempel zu statuieren“.

Beispiel.: Ein unbelehrbarer Täter stiehlt wiederholt geringwertige Sachen. Auch wenn Gründe der Spezialprävention (den Täter „aus dem Verkehr ziehen“) und der Generalprävention (Abschreckung von Nachahmern sowie Erschütterung der Rechtstreue) für eine hohe Freiheitsstrafe sprechen würden, wird die Strafhöhe durch die konkrete Schuld begrenzt. Dies steht der Verhängung einer langjährigen Freiheitsstrafe unter Ausschöpfung des Strafrahmens (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, vgl. §§ 242, 248a StGB) in der Regel entgegen.

Andererseits darf eine Strafe aus präventiven Erwägungen nicht das zum gerechten Schuldausgleich erforderliche Mindestmaß unterschreiten.26)

Beispiel.: Der Täter eines bewaffneten Raubüberfalls wird erst viele Jahre später gefasst und verurteilt. In der Zwischenzeit hat er keine weitere Straftat begangen. Aus spezialpräventiver Sicht wäre eine empfindliche Strafe nicht veranlasst, da eine Einwirkung auf den Täter nicht erforderlich ist und von ihm keine neuen Straftaten zu erwarten sind. Auch Gründe der Generalprävention legen eine hohe Strafe nicht unbedingt nahe, da der Rechtsfriede nach so langer Zeit der Rechtstreue nicht mehr nachhaltig gestört ist. Gleichwohl gebietet der gerechte Schuldausgleich die Verhängung einer angemessenen Strafe innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens (Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, vgl. § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, im minder schweren Fall Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, vgl. § 250 Abs. 3 StGB).

Der gerechte Schuldausgleich begrenzt also die konkrete Strafzumessung nach oben wie nach unten.27) Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass Generalprävention sowohl in der positiven Variante (Stärkung von Rechtstreue) als auch in der negativen Variante (Abschreckung) nur zu einer Strafschärfung führen kann.28) Spezialpräventive Erwägungen können hingegen zu Schärfung29) oder Milderung30) führen. Insbesondere eine Strafschärfung aus generalpräventiven Erwägungen zur Abschreckung hält der Bundesgerichtshof aber nur im Ausnahmefall für zulässig, wenn hierfür eine kriminalpolitische Notwendigkeit besteht.31) Der Tatrichter dürfe die Strafe aus den Gründen der Abschreckung anderer Täter nur dann höher bestimmen, als sie sonst ausgefallen wäre, wenn eine gemeinschaftsgefährliche Zunahme solcher oder ähnlicher Taten, wie sie zur Aburteilung stehen, festgestellt worden sei.

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass auch nach der herrschenden Vereinigungstheorie präventive Ziele bei der Strafzumessung nur eingeschränkt berücksichtigt werden können. Über das Maß der individuellen Schuld hinausgehende präventive Erwägungen sind nachrangig und dürfen keinesfalls dazu führen, die gerechte Strafe zu überschreiten.32) Das aus gesellschaftlicher Sicht legitime Ziel, einen besonders gefährlichen Täter in sichere Verwahrung zu nehmen, kann nicht durch eine Erhöhung der Strafe erreicht werden. Solche spezialpräventiv veranlassten Rechtsfolgen dürfen allein auf die schuldunabhängigen, in § 61 Nr. 1 bis 3 aufgezählten Maßregeln der Besserung und Sicherung des Angeklagten (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung) gestützt werden und sind damit keine Strafe.

Prävention als Ziel bei der Strafgesetzgebung

Anders als das Strafgericht bei der Aburteilung eines konkreten Täters hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum, Strafgesetze mit dem vorrangigen Ziel der Prävention von Straftaten zu schaffen. Den Vereinigungstheorien folgend, nach denen das Strafrecht neben der Vergeltung von Straftaten auch der Verhütung von weiteren Straftaten dient, hat der deutsche Gesetzgeber bei der Schaffung von Straftatbeständen von jeher eine Mischung aus vergeltenden und präventiven Überlegungen zugrunde gelegt.33)

Vorverlagerung der Strafbarkeit als Ausnahme

Die präventiven Ziele der Gesetzgebung stehen in einem Spannungsverhältnis mit den Grundsätzen des Tatstrafrechts, mit denen ein reines Gesinnungs- oder Gedankenstrafrecht unvereinbar wäre.34) Das Strafgesetzbuch beruht auf der hergebrachten und weiterhin als Grundsatz zu betrachtenden Konzeption, dass die Planung einer Straftat und sogar deren konkrete Vorbereitung grundsätzlich straflos bleiben, solange die Schwelle zum strafbaren Versuch noch nicht überschritten wird. Zur Verdeutlichung: Die Planung eines Mordes durch einen Einzeltäter und sogar das Beschaffen des Mordwerkzeugs sind noch nicht strafbar. Die Strafbarkeit beginnt erst mit dem unmittelbaren Ansetzen zur Tat, also bildlich gesprochen, wenn der Täter mit dem Beil ausholt. Andererseits sind dem Strafgesetzbuch Tatbestände, die schon im Vorfeld einer Verletzung individueller Rechtsgüter eingreifen, nicht fremd. Dies wird deutlich, wenn man die konkreten und abstrakten Gefährdungsdelikte betrachtet. Die konkreten Gefährdungsdelikte erfordern immerhin den Eintritt einer konkreten Gefahr (Beispiel.: Beinahe-Unfall bei § 315c Abs. 1 StGB). Noch weiter von einer tatsächlichen Rechtsgutsverletzung entfernt sind die abstrakten Gefährdungsdelikte. Bei diesen wird bereits eine Handlung wie etwa das Führen eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen pönalisiert, ohne dass es zu einer konkreten Gefährdung oder gar tatsächlichen Verletzung von Rechtsgütern anderer Menschen gekommen ist. Diese Pönalisierung dient – zugleich spezial- wie generalpräventiv – der Verhinderung solcher Rechtsgutsverletzungen, die dann entstehen würden, wenn der Täter im Zustand der Fahruntüchtigkeit einen Unfall verursacht.

Daneben haben weitere Normen des Strafgesetzbuchs eine Vorverlagerung der Strafbarkeit in das Stadium der Deliktsvorbereitung zum Gegenstand, so etwa das Sichverschaffen von Gegenständen zur Fälschung amtlicher Ausweise (§ 275 Abs. 1 StGB) oder zur Herstellung von Sprengstoffen (§ 310 Abs. 1 StGB). Auch ist bereits das Herstellen einer unechten Urkunde strafbar, wenn diese später zur Täuschung im Rechtsverkehr verwendet werden soll (§ 267 Abs. 1 Alt. 1 StGB). Die Pönalisierung dient auch hier der Prävention einer erst noch beabsichtigten eigentlichen Tat. Eine Vorverlagerung strafbaren Verhaltens in das Vorbereitungsstadium nimmt ferner § 30 Abs. 2 StGB (Verbrechensverabredung oder Sichbereiterklären zu einem Verbrechen) vor. Die Legitimation derartiger, zumindest auch präventiven Zwecken dienender Straftatbestände wird von niemandem infrage gestellt. Dass der Staat in modernen Gesellschaften mit ihren multiplen Risiken berechtigt ist, Straftatbestände zu schaffen, die nicht erst den Erfolg von schweren Rechtsgutsverletzungen abwarten, sondern diesen Erfolg bereits in seiner Anbahnungsphase zu verhindern suchen, scheint hierbei ebenso unbedenklich, wie notwendig.35) Schwieriger ist die Frage zu beantworten, welchen verfassungsrechtlichen Grenzen der Gesetzgeber bei der Schaffung von präventiven Straftatbeständen unterliegt.

Maßstab des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht prüft die Verfassungsmäßigkeit von Strafgesetzen vorrangig am Maßstab der Grundrechte der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und – im Falle angedrohter Freiheitsentziehung – der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG).36) Eine Einschränkung dieser Freiheiten durch ein Strafgesetz ist nur zulässig, wenn der Rechtsgüterschutz37) dies unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordert. Nach diesem Grundsatz muss ein grundrechtseinschränkendes Strafgesetz geeignet und erforderlich sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Übermaßverbot) gebietet, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für die Adressaten des Verbots gewahrt sein muss. Im Bereich des staatlichen Strafens folgt aus dem Schuldprinzip und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Schwere einer Straftat und das Verschulden des Täters zu der Strafe in einem gerechten Verhältnis stehen müssen. In diesem Rahmen hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen.

Der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lassen sich keine eindeutigen Maßstäbe für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit strafrechtlicher Normen, die präventiv weit im Vorfeld eigentlicher Rechtsgutverletzungen angesiedelte Handlungen pönalisieren, entnehmen.38) Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Beurteilungsspielraums ausdrücklich zugestanden, aus generalpräventiven Gründen zum Schutz gewichtiger Gemeinschaftsgüter die Strafbarkeit von einer konkreten Gefährdung oder gar Verletzung dieser Rechtsgüter in den Bereich von Tathandlungen mit lediglich abstrakter Gefährdung vorzuverlagern.39)

Entwicklung des Terrorismusstrafrechts

Besonders eindrucksvoll lässt sich die zunehmende Bedeutung des präventiven Strafrechts an der Entwicklung des Terrorismusstrafrechts verdeutlichen. Angesichts der fortdauernden Bedrohung durch terroristische Anschläge besteht ein legitimes Bedürfnis, derartige Straftaten auch mit Mitteln des Strafrechts möglichst effektiv zu verhüten. Das Bedürfnis ist bei terroristischen Straftaten neuerer Erscheinungsformen wie etwa Angriffen radikalisierter Einzeltäter oder eingeschleuster terroristischer „Schläfer“ auf Menschenansammlungen, die zum zentralen Handlungsmuster des islamistisch motivierten Terrorismus geworden sind, besonders groß. Denn solche Taten richten sich nicht nur gegen das Leben einer Vielzahl von Menschen und damit gegen das höchste Rechtsgut. Sie stellen, da sie die Bevölkerung verunsichern und damit das Vertrauen der Menschen in den Staat und seine Organe untergraben wollen, darüber hinaus einen Angriff auf unsere freiheitliche, demokratische und rechtsstaatlich verfasste Gesellschaft dar. Neben diesem Bedürfnis besteht auch eine Erforderlichkeit für präventives Strafrecht, weil die herkömmlichen Tatbestände der zu verhütenden Delikte (insbesondere Straftaten gegen das Leben, Explosionsverbrechen) sowohl in ihrer general- als auch spezialpräventiven Zielrichtung weitgehend leerlaufen.40)

Das liegt zum einen daran, dass hochfanatisierte Täter, die oftmals den eigenen Tod als Folge der Tat einkalkuliert haben, sich auch durch die Androhung langer Freiheitsstrafen kaum abschrecken lassen. Zum anderen wäre der Tatbestand regelmäßig erst dann erfüllt, wenn es schon zu spät ist, nämlich wenn mit unmittelbarem Ansetzen zur Tat die Schwelle zum Versuch überschritten wurde. Will der Gesetzgeber deshalb nicht auf einen verfassungsrechtlich problematischen präventiven Freiheitsentzug nach Gefahrenabwehrrecht zurückgreifen, bleibt praktisch nur die Möglichkeit des Präventivstrafrechts. Die Schaffung neuer Tatbestände im Vorfeld der eigentlichen Anschlagstaten soll ermöglichen, potenzielle Täter terroristischer Anschläge bereits wegen der Tatvorbereitung strafrechtlich zu verfolgen, in Haft zu nehmen und ihnen damit die Basis zur Durchführung ihrer „Hauptstraftaten“ zu nehmen.41)

Dies wird der Aufgabe des Staates gerecht, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten und schwerwiegende und massenhafte Verletzungen von zentralen Rechtsgütern, wie Leib und Leben, durch terroristische Anschläge nach Möglichkeit rechtzeitig zu verhindern.42) Nach Schünemann hat das Strafrecht in diesem Hochrisikobereich nicht zuletzt auch die Aufgabe, „ein unerlässliches Instrument zum präventiven Rechtsgüterschutz und damit also durchaus auch ein Instrument zur Gefahrenabwehr zu sein“.43)

Der Weg von § 129a StGB zu §§ 89a bis c, 91 StGB

Bereits § 129a StGB, die zentrale Norm des materiellen Terrorismusstrafrechts, die als Folge des RAF-Terrors der frühen 1970er-Jahre durch das sogenannte Anti-Terroristengesetz vom 18. August 197644) mit Wirkung zum 20. September 1976 in das Strafgesetzbuch eingefügt wurde, war präventiv ausgerichtet, denn sie enthielt eine bedeutsame Vorfeldkriminalisierung. Fortan war mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht, wer eine Vereinigung gründet, sich an ihr als Mitglied beteiligt, für sie wirbt oder sie unterstützt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit auf die Begehung enumerativ bezeichneter schwerer Katalogtaten (insbesondere Mord, Totschlag, Erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme und bestimmte gemeingefährliche Straftaten) gerichtet sind.

Charakteristisch für diesen „vereinigungsbezogenen“ Ansatz ist, dass bereits die Anbindung an einen Personenzusammenschluss von mindestens drei Personen strafbar ist, ohne dass es überhaupt zu einer versuchten oder vollendeten Begehung einer der im Katalog bezeichneten schweren Straftaten kommen muss. Hierin liegt eine wichtige Vorverlagerung der Strafbarkeit, die in der Praxis – bei einem entsprechenden Verdacht – die Anordnung strafprozessualer Maßnahmen ermöglicht. Ferner erlaubte sie, im Sinne der negativen Spezialprävention, potenzielle Täter terroristischer Anschläge bereits vor deren Begehung in Haft zu nehmen.

Als Reaktion auf weitere terroristische Anschläge der RAF wurde § 129a StGB durch das sogenannte Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus vom 19. Dezember 198645) mit Wirkung zum 1. Januar 1987 verschärft. Durch die Erhebung zum Verbrechenstatbestand wurde zum einen der Versuch der mitgliedschaftlichen Beteiligung strafbar. Zum anderen wurde eine weitere Vorverlagerung der Strafbarkeit eröffnet, indem nun gemäß § 30 StGB auch bereits die versuchte Anstiftung und das Sichbereiterklären zur Mitgliedschaft strafbar wurden.

Offenbart bereits die Konzeption des § 129a StGB eine kontinuierliche Ausweitung des Terrorismusstrafrechts und eine Vorverlagerung der Strafbarkeit, wird diese Entwicklung noch augenfälliger, wenn man die relativ jungen Tatbestände der §§ 89a, 89b und 91 StGB betrachtet. Diese durch das Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten vom 30. Juli 200946) mit Wirkung zum 4. August 2009 geschaffenen Straftatbestände haben die Strafbarkeit im terrorismusbezogenen Kontext in erheblicher Weise in den Bereich bislang strafloser Vorbereitungshandlungen vorverlagert. Hintergrund war die Erkenntnis des Gesetzgebers, dass allein mit den vereinigungsbezogenen Delikten der §§ 129a, 129b StGB der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus nicht wirksam begegnet werden konnte. Die Erwartung, dass terroristische Taten zunehmend durch radikalisierte Einzeltäter ohne konkrete Anbindung an eine terroristische Vereinigung begangen werden, hat sich in schmerzhafter Weise realisiert. Nach dem bis 2009 geltenden Recht waren Vorbereitungshandlungen zu schwersten Gewalttaten wie insbesondere tödliche Anschläge, die noch nicht die Schwelle zum Versuch überschritten, nur strafbar, wenn der oder die Täter als Mitglieder oder Unterstützer einer terroristischen Vereinigung handelten oder wenn unter den Voraussetzungen des § 30 StGB ein Zusammenwirken mehrerer und eine Konkretisierung der beabsichtigten Tat festgestellt werden konnten.47)

Mit § 89a StGB wird die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, also insbesondere einer Straftat gegen das Leben, unter Strafe gestellt, sofern diese nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Darüber hinaus muss die Vorbereitung durch eine der in § 89a Abs. 2 StGB abschließend aufgeführten Vorbereitungshandlungen geschehen:

  • Sichunterweisenlassen in der Herstellung oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen oder ähnlich gefährlichen Tatmitteln (Beispielsweise.: Ausbildung im Terrorcamp),
  • Herstellen oder Sichverschaffen von Schusswaffen, Sprengstoffen oder ähnlich gefährlichen Tatmitteln oder
  • Sichverschaffen von Gegenständen oder Stoffen, die für die Herstellung von solchen gefährlichen Tatmitteln erforderlich sind (Beispielsweise.: Kauf von Chemikalien, Zündern, Rohren, Nägeln oder sonstigen Gegenständen, die zum Bau eines Sprengsatzes verwendet werden können).

§ 89b StGB (Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat) stellt bereits die Kontaktaufnahme zu einer terroristischen Vereinigung unter Strafe.48) § 91 StGB (Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat) pönalisiert insbesondere die Verbreitung von Anleitungen, etwa zur Herstellung von Sprengsätzen, über das Internet, die zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat genutzt werden können.49)

Am 20. Juni 2015 trat der mit Gesetz vom 12. Juni 201550) geschaffene Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung (§ 89c StGB) in Kraft und ersetzte die bisherige Regelung in § 89a Abs. 2 Nr. 4 StGB. Strafbar macht sich danach bereits, wer Vermögenswerte sammelt, entgegennimmt oder zur Verfügung stellt und dabei beabsichtigt oder auch nur weiß, dass diese von einer anderen Person zur Begehung einer staatsgefährdenden Straftat verwendet werden sollen.

Durch dasselbe Gesetz wurde Abs. 2a als weitere strafbare Vorbereitungshandlung in die Vorschrift des § 89a StGB eingefügt. Danach macht sich strafbar, wer es unternimmt, aus der Bundesrepublik Deutschland in einen anderen Staat auszureisen, um dort eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen oder sich dort in der Herstellung oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen oder ähnlich gefährlichen Tatmitteln unterweisen zu lassen. Diese neue Strafvorschrift zielt auf die in den letzten Jahren erhebliche Zahl von Personen, die in die Konfliktregionen des Nahen und Mittleren Ostens ausgereist sind, um sich dort an bewaffneten Auseinandersetzungen zu beteiligen oder terroristische Ausbildungslager zu besuchen. Durch die Ausgestaltung als Unternehmensdelikt (vgl. § 11 Nr. 6 StGB) erfüllt sogar schon der (gescheiterte) Versuch der Ausreise den objektiven Tatbestand. Der kriminalpolitische Hintergrund ist vor allem darin zu sehen, dass nach früherer Rechtslage in Fällen einer vereitelten Ausreise in Richtung eines Terrorcamps keine strafrechtliche Sanktionsmöglichkeit zur Verfügung stand, sofern – wie insbesondere bei Gefährdern nach dem Handlungsmuster „einsamer Wolf“ – keine Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung (strafbar gemäß §§ 129a, 129b StGB) und keine konkrete Kontaktaufnahme zu deren Repräsentanten (strafbar gemäß § 89b StGB) nachgewiesen werden konnten.51)

Damit hat der Gesetzgeber im Staatsschutzstrafrecht die Strafbarkeitsschwelle sehr weit in das Vorfeld konkreter Rechtsgutsverletzungen verschoben. Das Strafrecht ist damit eindeutig zugleich zum Instrument der Gefahrenabwehr geworden.

Die Regelungen der §§ 89a ff. StGB waren deshalb und wegen der Problematik einer hinreichenden Bestimmtheit von Anfang an heftiger Kritik ausgesetzt und sind es – insbesondere im Hinblick auf die erneute Ausweitung in § 89a Abs. 2a StGB – weiterhin.52) Die Bedenken sind durchaus gewichtig, wenn man sich vor Augen führt, dass die Tathandlungen wie das Ansparen von Geld, das Kaufen von Metallrohren oder Nägeln oder die Ausreise aus Deutschland objektiv neutral und legal sind, die Strafbarkeit also maßgeblich durch den Vorsatz des Täters und gegebenenfalls weitere subjektive Momente begründet wird. Nach herrschender und richtiger Auffassung wird in § 89a StGB aber nicht etwa die bloße Gesinnung, sondern das Umsetzen in die Tat, also eine konkrete Tathandlung, mit Strafe bedroht. Auch im besonders umstrittenen Fall des § 89a Abs. 2a StGB ist die Straftat erst begangen, wenn der Täter die „böse Absicht“ in die Tat umsetzt und zur Ausreise ansetzt.53)

Der Bundesgerichtshof hat in seinem grundlegenden Urteil vom 8. Mai 201454) entschieden, dass die Vorschrift des § 89a StGB mit dem Grundgesetz vereinbar sei, allerdings nur bei verfassungskonformer, einengender Auslegung zur subjektiven Tatseite. Für die Begründung der Strafbarkeit genüge es danach nicht, dass der Täter in sein Vorstellungsbild lediglich den allgemeinen Deliktstypus der von ihm vorbereiteten Tat aufnehme. Die Vorbereitungshandlungen des Täters müssten auf die Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB gerichtet sein. Systematisch unabdingbar sei es deshalb, dass die geplante Tat jedenfalls bereits so weit konkretisiert sei, dass überprüft werden könne, ob sie die Voraussetzungen der Staatsschutzklausel erfülle. Zur Wahrung der Grundsätze des Tatstrafrechts sowie des Schuldprinzips und damit elementarer Garantien des Grundgesetzes sei es ferner zwingend erforderlich, dass der Täter bei der Vornahme der in § 89a Abs. 2 StGB normierten Vorbereitungshandlungen zur Begehung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat bereits fest entschlossen sei. Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung genügt somit bezüglich des „Ob“ der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bedingter Vorsatz nicht.

In einer weiteren Entscheidung vom 6. April 201755) hat der Bundesgerichtshof an dieser Bewertung festgehalten und auch den Tatbestand der Ausreise bzw. des Ausreiseversuchs gemäß § 89a Abs. 2a StGB als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen und deshalb von der Einleitung eines Normenkontrollverfahrens (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG) vor dem Bundesverfassungsgericht abgesehen. Zugleich hat das Gericht die Legitimation von präventiven Strafnormen hervorgehoben. Dem Schutz der demokratischen und freiheitlichen Ordnung durch eine effektive Bekämpfung terroristischer Straftaten komme großes Gewicht zu.56) Es sei erforderlich, potenzielle Täter schwerer staatsgefährdender Gewalttaten von den Ländern fernzuhalten, in denen diese in den Fähigkeiten unterwiesen werden können, die sie zur Begehung solcher Taten benötigen.57) Auch sei in den Blick zu nehmen, dass die (versuchte) Ausreise in vielen Fällen die letzte Möglichkeit darstelle, den potenziellen Täter einer Gewalttat noch zu erreichen, bevor er sich noch weiter radikalisiere und in eine terroristische Organisation verstricke. Bedenken gegen die besonders weite Vorverlagerung der Strafbarkeit würden durch die besonderen Anforderungen an den Vorsatz des Täters ausgeräumt. Dies stelle sicher, dass lediglich Reisen in terroristischer Absicht bestraft würden.58)

Da sich die auf eine Deliktsbegehung abzielende innere Vorstellung des Täters auch in einer äußeren Handlung, nämlich zumindest dem Versuch der Ausreise, manifestieren müsse, handele es sich auch nicht um unzulässiges Gesinnungsstrafrecht. Allerdings hat der Bundesgerichtshof zu erkennen gegeben, dass sich § 89a Abs. 2a StGB „im Grenzbereich des verfassungsrechtlich Zulässigen“ bewege.59) Dieser Hinweis legt nahe, dass präventiv ausgerichtete Straftatbestände, die nochmals früher im Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung ansetzen sollten, das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verletzen könnten.

Zusammenfassung

Im Bereich des Terrorismusstrafrechts ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers angesichts der überragenden Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter weit, aber nicht unbegrenzt. Der Gesetzgeber darf aus präventiven Erwägungen Straftatbestände schaffen, die den Beginn der Strafbarkeit weit in das Vorfeld geplanter Anschlagsszenarien verlagern. Er hat jedoch stets zu gewährleisten, dass die Strafbarkeit an die Verwirklichung einer konkreten objektiven Tathandlung anknüpft, die im Zusammenhang mit den subjektiven Unrechtselementen bereits einen rechtsgutsgefährdenden Unrechtskern in sich trägt.

Struktur und Informationen zum Kapitel / Modul

Fussnoten

Literatur